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Bundesinnenministerin stellt „13-Punkte-Plan“ gegen Rechtsextremismus vor

Stellungnahme der DSU

Bundesinnenministerin stellt „13-Punkte-Plan“ gegen Rechtsextremismus vor

Verschärfung des Waffenrechts ist eine der geplanten Maßnahmen

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) stellte am Dienstag, 13.02.2024, ein neues
Maßnahmenpaket gegen Rechtsextremismus vor. Das Dokument trägt den Titel
„Rechtsextremismus entschlossen bekämpfen“.

Die darin enthaltenen 13 Maßnahmen sind eine Reaktion auf die Proteste gegen
Rechtsextremismus in den vergangenen Wochen und bauen auf dem Aktionsplan gegen
Rechtsextremismus des Bundesinnenministeriums aus dem Jahr 2022 auf.

Das neue Maßnahmenpaket umfasst gut zwei Drittel der im März 2022 verabschiedeten
Maßnahmen, stellt sie jedoch teilweise in einem neuen Gewand dar. Laut Aussage der
Bundesinnenministerin in der Pressekonferenz am 13.02.2024 sei jedoch „fast alles
umgesetzt oder die Maßnahmen laufen bereits“, es würde nun jedoch „eine Schippe
draufgelegt“. Anderes habe sie „schon längst vorgelegt, ist nur leider nicht beschlossen
worden im Parlament“.

Dazu gehöre auch die unter Punkt 9 gefasste sogenannte „Entwaffnung von
Rechtsextremisten“, die mittels einer deutlichen Verschärfung des Waffengesetzes erreicht
werden soll. Zum Stand dieses Vorhabens wurde in der Pressekonferenz aufgeführt, dass
Faeser in sehr guten Gesprächen mit FDP und Bündnis90/Die Grünen sei und zuversichtlich,
hier in weiten Teilen eine Einigung zu erzielen.

Eine erste Stellungnahme der FDP in Sachen vom 15.02.2024 hört sich allerdings nicht nach
einer Einigung in diesem Punkt an. Statt weitere Verschärfungen ins Spiel zu bringen, müsse
an einer besseren Umsetzung der geltenden, bereits sehr strengen Waffenrechts gearbeitet
werden, sagte Robert Malorny, Spitzenkandidat der FDP Sachsen für die Landtagswahl am
01.09.2024.

Da die FDP bereits letztes Jahr die völlig grundlose Verschärfung des Waffengesetzes
aufgehalten hat, setzten wir darauf, dass hier weiter Kurs gehalten wird. Bundesfraktionsvize Konstantin Kuhle hat erst neulich erklärt, Extremisten und Gefährder müssten entwaffnet werden, aber dafür reiche das bestehende Waffenrecht aus. Unter diesen Vorzeichen ist die FDP in der Bundesregierung für Waffenbesitzer aktuell unersetzlich

In dem neuen 13-Punkte-Plan werden die Maßnahmen nun genauer definiert als im
Aktionsplan von 2022. Als Maßnahmen werden zuerst die Angleichung des Wortlautes
zwischen BVerfSchG und WaffG, was eine Wortlautangleichung in § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b)
WaffG von „Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen“ in „tatsächliche Anhaltspunkte
vorliegen“ bedeuten würde.

Ergänzt wird dies um die Erklärung, dass so bereits im Falle einer Mitgliedschaft in einer
Organisation, die vom Verfassungsschutz als „bloßer“ Verdachtsfall eingestuft ist, eine
Unzuverlässigkeit vermuten und damit die waffenrechtliche Erlaubnis entzogen werden
könnte.

Die DSU sieht diesen Punkt sehr kritisch. Wir sind entschieden dagegen, dass Waffen in die
Hände von Extremisten jeglicher Art gelangen, aber mit diesem Vorhaben wird das Ziel nicht
erreicht, sondern es werden unserer Ansicht nach Prinzipien unseres Rechtsstaates wie der Gleichheitsgrundsatz und die Unschuldsvermutung ausgehebelt. Denn die bloße
Mitgliedschaft in einer Partei macht aus einer Person noch keinen Rechts- oder
Linksextremisten und schon gar keinen Gefährder. Auch wenn das Gefahrenabwehrrecht
vorsieht, dass die Unschuldsvermutung beim Vorliegen von Tatsachen, die die Annahme
rechtfertigen, dass eine Gefahr besteht, eingeschränkt werden kann (§ 89 BKAG), so kann es
doch nicht dem Rechtsstaatprinzip entsprechen, dass ein reiner Verdachtsfall auch im Falle
einer mehrere Jahre zurückliegenden Mitgliedschaft zu einem Entzug der waffenrechtlichen
Erlaubnis führen kann.

Zudem nehmen die Wohlverhaltensfristen von geplant rückwirkend zehn Jahren einer
Person jegliche Möglichkeit, sich im Falle der Einstufung einer Partei als Verdachtsfall von
ihrer lange zurückliegenden Einstellung zu distanzieren. Stattdessen plädiert die DSU dafür,
den Austausch zwischen den Waffen- und den Verfassungsschutzbehörden zu verbessern,
um Erkenntnisse effektiv auszutauschen und zeitnah reagieren zu können. Dass hier noch
Verbesserungspotenzial vorhanden ist, lässt sich dem Evaluierungsbericht zum 3.WaffRÄndG Seite 14f. entnehmen.

In der Pressekonferenz wird jedoch mehrmals ausgeführt, dass es hier bereits eine
Verbesserung im Informationsaustausch gegeben hat. Auch zeigen Meldungen, wie der
Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2022 sowie aktuell in Hessen, dass die Entwaffnung
von Extremisten bereits jetzt funktioniert. Aktuelle Zahlen werden demnächst im
Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2023 zu finden sein.

Außerdem genannt wird das „Verbot „kriegswaffenähnliche Halbautomatikwaffen“, um „das Risiko besonders fataler Anschläge zu verringern“. In Deutschland ist kein Fall bekannt, in dem eine solche Waffe bei einem Anschlag zum Einsatz kam.

Hier steht in unseren Augen der Nutzen für die innere Sicherheit in keinem Verhältnis zum
bürokratischen Aufwand der Einstufung und der Enteignung der Besitzer solcher Waffen.

Im Gegenteil: Die Entwaffnung von Gefährdern für unsere wehrhafte Demokratie und die
Sicherheit in Deutschland darf nicht durch derartige, sachlich völlig unbegründete Verschärfungen behindert werden, die zu einer bloßen Mehrbelastung für
Bundeskriminalamt und Waffenbehörden
führen! Hier müssen stattdessen vorhandene
Maßnahmen noch wirkungsvoller umgesetzt oder noch nicht vorhandene Maßnahmen
verbessert werden. Wenn bereits jetzt Waffenbesitzverbote im Nationalen Waffenregister
gespeichert sind, wäre es beispielsweise denkbar, diese auch durch gewerbliche
Erlaubnisinhaber abfragbar zu machen, um zu verhindern, dass bekannte Extremisten legal
an Waffen kommen, aber ohne eine Verschärfung überhaupt nötig zu machen. Hier den
Datenschutz in Teilen einzuschränken ist in unseren Augen ein weit geringerer Einschnitt in die demokratischen Freiheitsrechte als das, was das Bundesinnenministerium aktuell plant.

Eingegangen wird auch auf Armbrüste, die angeblich in der rechten Szene sehr beliebt bzw. typisch für diese wären. Bisher liegen hierfür in unseren Augen keinerlei belastbare Daten vor, da in allen Aussagen zu Entwaffnungen von Rechtsextremisten lediglich das Auffinden von Armbrüsten, aber nie eine effektive Zahl genannt wurde. Auch sind Armbrüste für Amokläufe keinesfalls geeignet und Taten mit Armbrüsten äußerst selten. Wir sehen auch diese Verschärfung als reinen Aktionismus, der der Bevölkerung ein Mehr an Sicherheit vortäuschen soll. Einzig ist bekannt, dass bei den Razzien gegen Rechtsbürger im Dezember 2022 insgesamt 26 Armbrüste/Bogen sichergestellt wurden. Hieraus auf eine besondere Beliebtheit bei Rechtsextremisten zu schließen, verunglimpft in unseren Augen die Spitzensportler, die mit der Armbrust für Deutschland Weltmeistertitel erzielen! Kommt es wirklich zur nachträglichen Anmeldepflicht von Armbrüsten bzw. der Pflicht zur Beantragung eines Kleinen Waffenscheins für alle, die im Besitz von Armbrüsten sind, so werden die Waffenbehörden von einer Flut von Anträgen betroffen sein und damit weniger Zeit für die eigentlich wichtige Aufgabe haben: Nämlich die effektive Entwaffnung von gesichert extremistischen Personen.

Des Weiteren nennt der Maßnahmenplan die Einschränkung der Nutzung von
Schießplätzen
, „sodass erlaubnisfreies Schießen für jedermann nur noch mit bestimmten
Waffen gestattet sein soll.“ Dies stellt für Schützen- und Jagdvereine ein großes Problem in
Sachen Nachwuchsgewinnung dar und macht das Eventschießen nahezu unmöglich. Zudem
können Extremisten auch weiterhin im Ausland mit in Deutschland erlaubnispflichtigen
Waffen trainieren – selbst wenn diese bereits mit einem Waffenbesitzverbot belegt wurden.

Mag hier ein Grund liegen, wieso das BMI gemeinsam mit den zuständigen Behörden auch
daran arbeitet, die Ein- und Ausreise von Rechtsextremisten zu verhindern ? Ein weiterer
Punkt, der in unseren Augen hinsichtlich Artikel 11 des Grundgesetzes fragwürdig ist und
zudem Artikel 21 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union
entgegensteht.

Zuletzt nennt der Maßnahmenplan jedoch einen äußerst begrüßenswerten Punkt, bei dem
sich uns die Frage stellt, wieso hier nicht schon früher deutlich mehr Energie aufgewendet
wurde. Dort heißt es: „Gleichzeitig wird die Bundesregierung auch den Kampf gegen
illegalen Waffenbesitz intensivieren
– und sich dabei intensiv mit internationalen Partnern
abstimmen.“ Dies ist in unseren Augen der einzige im Maßnahmenpaket enthaltene wirklich
wirkungsvolle Punkt, um die innere Sicherheit zu stärken. Denn aus der polizeilichen
Kriminalstatistik von 2015 geht hervor, dass 95 % der Waffen, die sichergestellt wurden,
illegal in Besitz waren. Auch würde es einen merklichen Einfluss auf die Straftaten haben, die gar nicht von Rechtsextremisten, sondern von anderen Kriminellen verübt werden. Wir
fordern die Innenministerin daher dazu auf, diesen Punkt konsequent zu verfolgen und die
Entwaffnung von Rechtsextremisten nicht ideologisch auf die Schultern unbescholtener und
gesetzestreuer Bürger zu verlagern.

Weiterhin sehr bedauerlich ist, dass sich im BMI außerhalb von Schlagzeilen niemand für die
wirklichen Fehler und Probleme des Waffengesetzes zu interessieren scheint. Die
drängenden Probleme, wie die Auslegung des § 14 für die Sportschützen (Fortbestehen des
Bedürfnisses), die völlig an den Intentionen des Gesetzgebers vorbei geschieht und dringend einer entsprechenden Klarstellung bedürfte sowie einer vernünftigen Regelung bei den sog. großen Dual-Use Magazinen werden völlig ignoriert. Auch dies führt zu großer
Verdrossenheit der Basis.